Werkreihe 2
OBJEKTE AUS PAPIER
Johanna Mischlewski
Nicht aggressiv oder übergroß, auch nicht klein wie manche Fundstücke,
handlich, zerbrechlich leicht, anfaßbar wie Figuren
oder alt gewordenes Herbstlaubund voller
ANSPIELUNGEN
In ihrer Wegwerfarmut, der sie durch den Künstler entronnen sind.
PACKPAPIER
geschnitten
gefaltet
gefalzt
ausgebreitet
umgebogen
eingeknickt
glattgestrichen
festgehalten
–
aufgerissen
eingerissen
zerknistert
zerfaltet
zerknüllt
Papierkorb
Amen
–
ertastet
entdeckt
entfaltet
gestaltet
Die Steifheit des Materials – tatsächlich gebrauchtes Packpapier – lässt Raum für Handgriffe, Berührung, Formung wie bei schweren kostbaren oder auch groben Stoffen.
Gleichzeitig nimmt der Betrachter in den neuen Faltenwürfen noch das achtlose Zerknüllen wahr.
EIN STÜCK PAPIER
weggeweht
dahin – dorthin
gerutscht
geschoben
aufgeflogen
in hohem Bogen
aufgelesen
oder
abgetrieben
irgendwohin
Es entstehen anmutige Torsi, flächig oder auch als Doppelfiguren aus Verformungen, Verwerfungen – oder sind es Spalten, Risse und Felsformationen, vom Wasser bearbeitet und ausgehölt?
Blickt man an einer Reihe entlang, so kommt Bewegung in die Fragmente, sie wirken plötzlich wie Gestalten im Schatten- und Lich-Spiel.
GESTALTEN
Im Gestus ihrer Gewänder
…und in dem Bauschen, Raffen,
Wölben, Rascheln, Falten, Halten,
Lockern, Verjüngen, Verengen, Umschlingen
ist ein Sich – Zeigen und Verbergen.
Wer sind sie – wer sind sie gewesen – wer könnten sie sein?
Farbe und Farbauftrag evozieren Emotionen und enthüllen
die Bühne, auf der sie stehen könnten – in einem längst bekannten Stück.
Im Nebeneinander nichts SERIELLES, kein Repetieren, kein festes Metrum –
eher ein offener TANZ, eine PROZESSION leichtfüßiger IKONEN der ARTE POVERA.
MATERIE erlöst aus ihrer NICHTIGKEIT
NUR weil sie dem Künstler ins AUGE fiel und er sie auf-hob.
EPIPHANIE des ALLTÄGLICHEN
(James Joyce macht es mit Wort-Material)
Irgendwo steckt
ein
VIELLEICHT
hinter allem
NICHTS
mehr wert.